Der Moment ist filmreif. Von einer auf die andere Sekunde herrscht lautes Gelächter, alles prustet wie auf Kommando los. „Bäm, bäm“, schallt es durch die Trainingshalle am Bildungszentrum. Und so ziemlich jede Handballerinnen von Union Halle-Neustadt weiß mit dem Codewort „Bäm, bäm“ etwas anzufangen, weiß, was in diesem Moment passiert ist.  Jacqueline Hummel hat beim Trainingsauftakt der Zweiliga-Mannschaft für den ersten „Bäm, bäm“ der Saison gesorgt. So nennen sie es, wenn ein Wurf kunstvoll von einem Innenpfosten zum anderen fliegt – und von da ins Tor. Ein echter Kracher eben. Nur die Neuen in der Mannschaft müssen aufgeklärt werden. Denn, so erklärt Trainer Jörgen Gluver seinen drei Neulingen Sarah Andreassen, Helena Mikkelsen und Signe Hald: „Wer das schafft, der kriegt ein Glas Nutella spendiert.“  Neuer Verein, neue Sitten. Die drei stammen wie er aus Dänemark. Vorige Woche waren die 19 und 20 Jahre alten Spielerinnen aus Viborg nach Halle übergesiedelt. Hier haben sie erst einmal einen Einjahresvertrag bekommen. Sie wollen mit Union den Aufstieg in die Eliteliga schaffen und sich sportlich weiterentwickeln. Geht die Rechnung auf, könnten sie sich vorstellen, länger zu bleiben.

Nach den Testspielchen und ein bisschen Ballarbeit verordnet Gluver seinen Spielerinnen das obligatorische Auslaufen und ein paar Dehnübungen. Dann bekommt jede ihren ganz persönlichen Trainingsplan ausgehändigt. Alle stehen noch ein bisschen zusammen und schwatzen. Nach vier Wochen erst Urlaub und dann Individualtraining gibt es schließlich einiges zu erzählen. Und es gilt, die Neuen kennen zu lernen.  „Das Spiel hier ist schneller“, stellt Unions neue Linksaußen Andreassen in gutem Deutsch fest. Und härter gehe es zur Sache, so sei ihr erster Eindruck. In Dänemark stehe die Technik mehr im Vordergrund. Kreisspielerin Signe Hald nickt. Sie versteht zwar so einiges, doch mit dem Sprechen hapert es noch, auch wenn sie Deutsch als Unterrichtsfach gehabt hat. Rückraumspielerin Helena Mikkelsen geht es ähnlich. Am Anfang wird ihnen immer mal ihr Landsmann Gluver helfen müssen. Doch ab nächsten Monat belegen die beiden einen sechswöchigen intensiven Sprach- und Integrationskurs an der Volkshochschule.

Der Verein Union Halle-Neustadt hat sein Projekt mit drei ausländischen Spielerinnen überaus detailliert geplant. Denn bei der Sprachschule soll es nicht bleiben. Danach bekommen sie einen Minijob bei den Stadtwerken. Sie sollen in verschiedene Bereiche reinschnuppern. In dem Unternehmen arbeitet auch Unionerin Eileen Uhlig im Personalwesen. Sie hat sich bereit erklärt, sich um die beiden ein bisschen zu kümmern. „Ich bin dann die Mutti“, sagt die 26-jährige und kann sich das Lachen nicht verkneifen. Sarah Andreassen wiederum steigt im Wosz-Fitnessstudio ein, wo die Spielerinnen auch ihr Krafttraining absolvieren. Sie könnte sich durchaus vorstellen, später einmal eine Ausbildung zum Sport- und Fitnesskaufmann zu absolvieren. „Warum nicht?“, fragt sie. „Das Praktikum wird ein guter Test sein.“

Zweifellos, gerade stürmt viel Neues auf die jungen Mädels ein. Beim Einrichten ihrer Neustädter Wohnungen vorige Woche haben noch die Familien geholfen. Dreimal Hausrat – plus den des Trainers – hat ein gemieteter Lkw vor acht Tagen nach Halle gebracht. Das, was noch fehlte, wurde anschließend bei Ikea geordert. Und auch wenn die Eltern und Geschwister noch ein paar Tage da sein werden – Bammel vor dem, was kommt, hat keine, auch wenn sie weit weg sind von Zuhause, im Ausland. „Wir haben ja vorher schon eigene Wohnungen gehabt und sind sehr selbstständig“, erklärt Sarah Andreassen.

Auch die Vierte im Bunde der Neuen hat ihre eigenen vier Wände gerade bezogen. Fast im Alleingang, wie Nadine Smit erzählt. „So viel war’s bei mir ja nicht“, sagt die Rücktraumverstärkung. „Ein Bett, ein Sofa, ein Schrank“ habe sie aus Celle mitgebracht.  Bis zum Start in die Punktspielserie und zu ihrer Ausbildung als Physiotherapeutin wird noch so einiges dazugekauft werden. Und eines hat sie ja schnell gelernt: Will sie Nutella zum Frühstück, muss man nur kunstvoll werfen können. (mz)