In ihrem ersten Ligaspiel im neuen Jahr konnten die Wildcats vom SV Union-Halle-Neustadt gleich einen Sieg einfahren. Dabei zeigte Spielmacherin Linda Jäger eine Gala als Gestalterin und Vollstreckerin. Es gibt Spielszenen, die geradezu beispielhaft für ein ganzen Spiel stehen können. Dieses Tor, das Linda Jäger am Samstag im Spiel von Union Halle-Neustadt gegen den FSV Mainz 05 erzielte, war eine solche Szene. Jäger tankte sich im Rückraum gegen eine doch um einiges schwergewichtigere Gästespielerin durch. Sie warf, traf den Pfosten. Von dort sprang der Ball an die linke Wade der Mainzer Torhüterin Hellen Trodler und kullerte schließlich ins Netz.

Linda Jäger reckte danach die Faust in die Luft. Es war bereits die 56. Minute in diesem Handball-Zweitligaspiel und die Partie war beim Stand von 30:25 längst zugunsten der Wildcats gelaufen. Doch dieses Quäntchen Glück, das man auch einmal braucht, damit ein Tag perfekt wird, spiegelte sich in dieser Szene bestens wider. Neun Tore steuerte Linda Jäger als Spielmacherin zum klaren 34:29 (15:13)-Erfolg ihrer Mannschaft bei. Trainer Jörgen Gluver war begeistert und brauchte nur ein Wort, um die Leistung der 23-Jährigen zu bewerten: „Überragend.“ Ein Begriff, mit dem er später auch noch die Leistung von Jacqueline Hummel zu würdigen wusste. Wobei die eine Leistung unmittelbar mit der anderen zu tun hatte.

Linda Jäger war beim sechsten Bundesliga-Sieg in Folge an allen entscheidenden Situationen beteiligt. Ihr selbst war das hinterher gar nicht so bewusst. „Ich konzentriere mich immer nur auf die nächste Situation und versuche, keinen Fehler zu machen.“ Denn oft würden Spielzüge zwar im Training, nicht aber im Spiel klappen. Also volle Konzentration auf das Wesentliche. „Tore mitzählen, geht da schon gar nicht“, meinte Linda Jäger. Genau dieses Fokussieren auf das gerade Angesagte zeichnete sie in dem Duell mit dem bisherigen Tabellennachbarn aus. Jäger erkannte als Erste, dass an diesem Abend alles anders laufen würde als sonst. „Denn zum ersten Mal in dieser Saison“, wie Trainer Gluver später bemerkte, stellte Mainz mit Katharina Wagner vom Anpfiff weg eine Sonderbewacherin für Union-Torjägerin Jacqueline Hummel ab. So war es an Linda Jäger, ihre übrigen vier Teamkolleginnen auf dem Feld ins Spiel zu bringen.

Zunächst war das von wenig Erfolg gekrönt, der Start ging mit 0:4 (7.) komplett daneben. Nach exakt 7:44 Minuten war es wieder Jäger, die mit dem 1:4 den ersten Union-Treffer erzielte und die Aufholjagd einleitete. Und als sich die Mainzerinnen vier Minuten vor der Pause anschickten, das Ruder wieder herumzureißen (13:12), war es einmal mehr die Spielmacherin, die zum 13:13 ausglich und die Grundlage für die eigene 15:13-Halbzeitführung legte. Und wie konnte es an diesem Abend dann auch anders sein: Der erste Treffer nach Wiederanpfiff ging ebenfalls auf ihr Konto. „Das bekommst du während des Spiels alles gar nicht so genau mit. Eigentlich hatte ich vor dem Anpfiff ein eher beklemmendes Gefühl. So eine Ahnung, dass es heute sehr schwer werden würde“, sagte Linda Jäger nach dem Spiel. Dass sie sich damit, ohne es zu wissen, wohl genau die richtige Einstellung zurechtgelegt hatte, war ihr erst nach dem Abpfiff klar. Genauso wie der Gedanke daran, dass Trainer Gluver die Situation mit einer Sonderbewachung für Jacqueline Hummel schon hatte kommen sehen und deshalb im Training hatte proben lassen. „Wir waren darauf vorbereitet. Und unser Plan, dass dann möglichst viele andere Spielerinnen in die Bresche springen müssen, ist aufgegangen“, analysierte der Däne erfreut. Bei allem Jubel war ihm allerdings auch nicht entgangen, dass sich seine Wildcats die Aufgabe selbst unnötig schwer gemacht hatten. Gleich ein halbes Dutzend freier Chancen und zwei Siebenmeter ließen sie ungenutzt. Zudem kassierten sie 18 Strafminuten, waren also fast ein Drittel der Spielzeit in Unterzahl, was in der Schlussphase an den Kraftreserven nagte.

Und Gluver war noch etwas aufgefallen: „Auch unsere Torhüterinnen dürfen gern noch zwei, drei Bälle mehr halten. Da haben ein paar Würfe zu leicht den Weg ins Netz gefunden.“ Kritische Worte in Richtung von Patrycja Mikszto und Anne Voigt vor dem Spiel der Wildcats am Sonntag gegen den Tabellendritten Zwickau.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung