Blitzschnell winkelt Dagmara Stuparicova ihren rechten Arm an tippt sich mit den Fingern dieser Hand auf die Schulter. Das ist das Zeichen für ihre Mitspielerinnen. Diese wissen nun, welche Laufwege sie zu nehmen haben und was ihre Regisseurin als nächstes vorhat. Eine Art Geheimcode also, den Unions Spielerin auf der Position Aufbau-Mitte ausgeklügelt hat, um den im Training x-fach eingeübten Spielzug anzuzeigen. Das ist ihre Aufgabe, denn Dagmara Stuparicova ist die Lenkerin und Leiterin der halleschen Zweitliga-Handballerinnen. Der verlängerte Arm des Trainers sozusagen.

Und die erfahrene slowakische Auswahlspielerin hat innerhalb des Zweitligateams noch eine wichtige Funktion. “Sie sollte in der letzten heißen Phase eines Spiels kühlen Kopf bewahren und die richtigen Entscheidungen treffen”, erklärt Trainer Michal Lukacin.

Im Punktspiel am vergangenen Samstag in Harrislee hat sie genau das getan. Bei einem Gegenstoß im Duell mit einer Gegenspielerin stieg sie vier Sekunden vor der Schlusssirene aus sechs Metern Entfernung halblinks am Kreis hoch und manövrierte den Ball gekonnt an der Harrisleer Schlussfrau Mareike Vogel vorbei ins Tor: 26:26-Ausgleich. Einen Punkt gerettet. Nach einem wirklich guten Spiel der gesamten Truppe. Und das auswärts, immerhin beim Tabellensechsten.

Damit hat Stuparicova das Kunststück aus der Vorwoche wiederholt. Schon gegen Ober-Eschbach hatte sie mit ihrem Tor den Schlusspunkt gesetzt und ein Remis sichergestellt.

“Das war eiskalt”, lobte ihr Trainer die Athletin, die alle nur Dada rufen. “Das hat sie wirklich clever gemacht.” Für die Mannschaft ist seine Landsfrau ein großer Gewinn. Auch wenn sie gerade einmal 1,65 Meter klein ist und damit nun wirklich nicht über die für ihre Position bevorzugten Gardemaße verfügt.

Eigentlich ist Stuparicova auf der Linksaußen-Position zu Hause. Doch bei Union ist diese Position mit Stefanie Hummel und Juri Kiskyte stark besetzt. Dafür fehlte eine versierte Kraft im Rückraum. Da die Profispielerin in ihrer Nationalmannschaft dort immer wieder zum Einsatz kommt, hat sie kein Problem mit der Umstellung.

“Wir haben jemand gesucht, der den Ball auch mal länger halten kann, der keine Bälle verschießt. Leistungsmäßig erfüllt Dada unsere Voraussetzungen”, schätzt Manager Frank Kastner ein. Er hatte den Deal im August eingefädelt und die 29-Jährige ablösefrei vom Meister Thüringer HC nach Halle gelotst. Als Führungsspielerin muss sie allerdings noch mehr zum Lautsprecher werden, fordert Kastner. Auch mal mit lauten Worten Einfluss auf die Mannschaft nehmen. Für jemanden, der von Hause aus sehr ruhig ist, sicher keine leichte Aufgabe.

“Ich bin mir meiner Rolle bewusst, ich weiß, dass ich Verantwortung übernehmen muss. Wir haben nun mal eine sehr junge Mannschaft”, sagt Unions Nummer 20. “Die letzten fünf Minuten eines Spiels sind oft entscheidend, da gibt es noch Reserven.”

Obwohl sie in ihrer langen Karriere schon viel erlebt hat, kamen in der bisher kurzen Zeit in Halle schon einige neue Erfahrungen hinzu. “In drei Spielen hintereinander mit nur einem Tor zu verlieren, das gab es bei mir noch nie”, gibt sie zu.

Am Samstag auswärts in Zwickau gegen den Tabellendritten BSV Sachsen soll das möglichst nicht passieren. Lieber will sie selbst wieder Feuerwehr spielen und den Sieg aus dem Feuer reißen. Beim Spiel gegen den Zehnten FSV Mainz 05 in 14 Tagen wird Stuparicova ihren Mädels allerdings nicht helfen können, denn zeitgleich kämpft sie mit der slowakischen Auswahl um die Teilnahme an der Weltmeisterschaft im nächsten Jahr. Doch danach kehrt Stuparicova sofort wieder nach Halle-Neustadt zurück in ihre Dreiraumwohnung nur knapp mehr als einen Ballwurf von ihrer Unihalle entfernt.

Leider ist sie nicht Unions einziger Ausfall. Anna Baranowska ist sogar schon in ihre Heimat nach Polen zum Auswahllehrgang abgereist. Die Torfrau fehlt den Hallenserinnen damit sogar für zwei Spiele.

Quelle: Mitteldeutsche Zeitung